Was die US-Steuergesetzgebung mit Produkten der HSBC zu tun hat

Nach der Bekanntgabe, dass auch Moderna einen Impfstoff gegen das Corona-Virus gefunden hat, stieg nicht nur der Kurs der Aktie, sondern auch das Interesse an Hebelprodukten mit ebendiesem Unternehmen als Basiswert. Auch andere amerikanische Basiswerte wie Tesla oder Apple genießen weitreichende Popularität. Doch kam es vor, dass der findige Anleger entsprechende Produkte nicht immer kaufen konnte. Den Grund dafür lesen Sie hier!



Abschnitt 871(m) des Internal Revenue Code (IRC) – US-Steuergesetz

 

Derivate mit US-amerikanischem Basiswert, z.B. US-Aktien, und einem Delta nahe 1 werden gemäß dem amerikanischen Gesetzgeber steuerrechtlich mit Aktien gleichgesetzt. Die Regelung wurde erhoben, da die Wertentwicklung von Derivaten mit einem Delta von nahe 1 sehr ähnlich mit dem der Aktie verläuft. In der Folge fallen US-Quellensteuern in Höhe von 30 Prozent auf Dividenden und dividendengleiche Zahlungen an. Ziel dieser Maßnahme ist es, die Umgehung der Steuerpflicht von Dividendenerträgen in den USA durch Nicht-US-Bürger, die sich durch die Investition in Derivate und nicht die Aktie ergeben könnte, zu verhindern.


Welche Produkte fallen unter diese Regelung?


Grundsätzlich ist zwischen Anlage- und Hebelprodukten, innerhalb derer nochmals in Standard-Optionsscheine und Knock-out-Produkte, zu unterscheiden. Die steuerliche Regelung gem. Abschnitt 871(m) gilt nicht für Anlageprodukte, da diese häufig ein Delta weit unter 1 vorweisen. Sie sind „out of scope“ und nicht steuerpflichtig im Sinne der Regelung. Die steuerliche Regelung greift gänzlich für Knock-out-Produkte. Bei Knock-out-Produkten wie beispielsweise einem Open End-Turbo-Optionsschein spricht man von sog. Delta-1-Produkten. Charakteristisch dafür, wie es sich aus der Bezeichnung ableiten lässt, ist das Delta von 1, da ebendiese naturgemäß „im Geld“ notieren.
Einen Sonderfall stellen Standard-Optionsscheine dar. Diese verfügen bei Emission regelmäßig über ein Delta von deutlich unter 1. Allerdings kann bei gegebener Kursbewegung des Basiswerts das Delta Richtung 1 ansteigen, wodurch dann Standard-Optionsscheine steuerpflichtig im Sinne der relevanten Regelung werden. Dazu zählen Standard-Optionsscheine mit einem Delta ab 0,85.
Aber sowohl bei Delta-1-Produkten als auch Standard-Optionsscheinen gilt: Dies ist nur bei Call/Long-Produkten der Fall, da Put/Short-Produkte ein negatives Delta vorweisen!

 

Was bedeutet das für die Praxis?


HSBC hat sich als Emittent für die sogenannte Emittentenlösung entschieden, d.h. es werden grundsätzlich von HSBC die Quellsteuern abgeführt. Diese Emittentenlösung wird derzeit bei Turbo-Optionsscheinen, Open End-Turbo-Optionsscheinen und Mini Future Zertifikaten angewandt.
Bei HSBC-Optionsscheinen auf amerikanische Basiswerte mit einem Delta ab 0,85 werden keine Briefkurse gestellt bis das Delta unter 0,85 liegt. Diese Standard-Optionsscheine sind dementsprechend nicht kaufbar. Es werden aber weiterhin Geldkurse gestellt, um den Verkauf zu ermöglichen.
Unabhängig von diesem Prozedere entscheiden sich einige Broker komplett gegen den Handel von Derivaten, welche unter die 871(m)-Regel fallen. Dies gilt unabhängig vom Produkttyp. Es handelt sich daher um eine geschäftspolitische Entscheidung des Brokers und nicht der HSBC.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen, denn in Deutschland sind solche von HSBC emittierten Derivate derzeit über folgende Broker handelbar: comdirect, flatex, ING, Consorsbank, Scalable Capital und neuerdings Trade Republic. Diese Broker unterstützen die Emittentenlösung im Sinne des Kunden und bieten daher die Möglichkeit, HSBC-Delta-1-Produkte sowie HSBC-Standard-Optionsscheine mit einem Delta unter 0,85 kaufen zu können.

 

Ich habe ein solches Produkt mit einem Delta >0,85 im Depot, kann ich es dann gar nicht mehr handeln?


Der für den Verkauf eines Produkts relevante Geldkurs ist von der 871(m)-Steuerthematik unbeeinflusst. Somit können Sie Ihre Produkte in der Regel von 08:00 Uhr bis 22:00 börsentäglich zum Geldkurs des Produkts verkaufen. Im Falle eines Delta > 0,85 wird lediglich die Quotierung des Briefkurses vorübergehend eingestellt. HSBC prüft regelmäßig das Delta der Optionsscheine, um nicht nur Geld- sondern auch Briefkurse stellen zu können.
Mit diesen Erklärungen hoffen wir, Ihnen die Hintergründe für die eingeschränkte Handelbarkeit von Produkten mit US-amerikanischen Basiswerten näher und etwas Licht ins Dunkel der nicht funktionieren wollenden Ordereingabe gebracht zu haben. Sollten Sie noch Fragen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen unter unserer kostenlosen Rufnummer 0800 4000 910 gerne zur Verfügung.